Premiere
Ein Vorspiel auf dem Theater leitet das große Werk ein. Direktor, Theaterdichter und lustige Person beraten, mit welcher Art von Stück das Publikum am besten herbeizulocken sein. Man kommt zum Schluss, dass der Dichter ein starkes Gebräu mischen, Dekorationen und Maschinen nicht schonen soll. Ja, er soll den ganzen Kreis der Schöpfung ausschreiten und “wandeln mit bedächt’ger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle” Nun setzt das eigentliche Stück mit einem zweiten Vorspiel im Himmel ein. Mephistopheles mischt sich unter die Engel am Throne des Herrn. Während alle die Schöpfung loben, kann der Höllensohn nur tadeln und behauptet, mit den leichtesten Mitteln den festesten Menschen von Gott abtrünnig zu machen. Um ihn zu überzeugen, dass der Mensch in seinem dunklen Drange sich des rechten Weges wohl bewusst sei, überlässt ihm der Herr den Faust, als einen von denen, die nur irren, solange sie streben. Faust sitzt des Nachts grübelnd in seinem engen, mit gelehrtem Kram vollgestopften Studierzimmer. Unendlicher Wissensdurst hat ihn der Geisterwelt näher gebracht. Den Erdgeist ruft er zwar, kann ihn aber nicht halten, sieht die Ohnmacht ein, sich den Geistern gleichzustellen, und wünscht den Tod herbei. Glockentöne und der Gesang der Engel, die in der Osternacht die Auferstehung des Herrn preisen, ziehen ihm den Giftbecher vom Munde. Draußen in der Feier des Ostertages sucht er Erfrischung in der gesunden Volksmenge. Unbefriedigt kehrt er heim. Ohne es zu wissen, hat er in der Gestalt eines schwazen Pudels, der sich zu ihm gesellte, den Teufel mit ins Haus gebracht. Das Knurren des Hundes stört ihn bei der Bibelübersetzung, und aufblickend gewahrt er in den Verwandlungen des Tieres einen Geist, der sich auf seine Beschwörung als Mephistopheles entpuppt. Eine Verbindung, die der Teufel vorschlägt, weist Faust vorderhand zurück, da er von ihm keine Befriedigung erwartet. Da Mephistopheles nicht nachgibt, will er im Vertrauen auf seinen unstillbaren Wissensdurst einen Pakt schließen, der nicht eher enden solle, als bis er zum Augenblick sagen könne: Verweile doch, du bist so schön!
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Goethes Faust 1 & 2 in der Paulskirche
Die Presse schrieb:
Die Kritiker wüten, das Publikum jubelt, die Künstler staunen.
Höchster Kreisblatt
Goethes Meisterwerk wird absichtsvoll verschandelt: seine klassische Schönheit durch provozierend gemeinte vielfach abstoßende Hässlichkeiten, insbesondere der Körper.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Auf die Textvorlage setzt Praml kaum. „Faust“ ist ihm Wortsteinbruch für allerhand Assoziationen. So wie er die Hauptpersonen in mehrere Ichs aufspaltet, treibt er seine Keile in Goethes starres Reimschema. Er fragmentiert die Sätze und puzzelt sie neu zusammen zur „Faustmaschine“.
Darmstädter Echo
Geradezu grotesk mutet jetzt die Absicht des Regisseurs Willy Praml an, er wolle keinen elitären „Faust“, sondern die Tragödie einem möglichst breiten Publikum verständlich machen. Das Gegenteil ist der Fall, denn aus der einfachen Wirklichkeit des Stoffes flieht er bei jeder Gelegenheit in dessen dunkle, magische, mythische Zonen. Dabei wird man gerade in Frankfurt an das Exerzieren Einar Schleefs erinnert.
Wiesbadener Zeitung
Faust in der Paulskirche: Nackter Hintern und Blasmusik. In der Walpurgisnacht entblößt ein Darsteller furzend seinen Hintern und deutet eine anale Entleerung an. Mal zeigt sich eine Stewardess in schwarzer Unterwäsche, mal spitternackt – alles vor dem Chorus mysticus. Verantwortlicher für das Spektakel: Regisseur Willy Praml.
BILD-Frankfurt
Das Unterfangen trägt hybride Züge. Vom Aufwand her, von der gewaltigen Anstrengung, auch der bewundernswert disziplinierten Schar der Laien, Chöre und Musiker, ist es ein theatralischer Höhepunkt. Dahinter weit zurück bleibt das künstlerische Ergebnis: eine Mischung aus Laien- und professionellem Spiel, aus ästhetischer Stilisierung und Volkstheaterhaftem, mit einer gelungenen Gretchen-Geschichte und einigen ansprechenden Bildern. Gemessen am titanenhaften Anspruch, ist das zu wenig.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wenn nach fünf Stunden, in der Premiere nachts um eins, die Schlussworte vom Unbeschreiblichen ertönen, das hier getan wird (das Ewigweibliche ist gestrichen), dann finden sich die Zuschauer wohl erschöpft, verwirrt, ratlos, enttäuscht, aber auch beeindruckt wieder.
Wiesbadener Zeitung
Eine Jubiläums-Blamage. Wie die Theatermode so spielt: Es ist die Zeit der Massenaufmärsche und skandierenden Chöre, der multiplizierten Protagonisten und zerstückelten Sprache . . .ob Prolog, Epilog, Monolog oder Dialog, ob Himmel oder Erde, hier wird alles vermengt und verschränkt nach der Chaotendevise „egal, illegal, scheißegal“.
Frankfurter Neue Presse
Repertoire
Regie
Willy Praml
Dramaturgie
- Mathias Schüler
Darsteller*innen
Musik
Mathias Raue
Choreografie
David Kern
Licht
-
Bühne/Kostüm
Sandra Meurer